Wenn die Ziele der (Netto-Null-)Flächenneuinanspruchnahme ernst genommen werden würden, hieße es: Das Vorhandene (der Bestand) müsste besser genutzt werden und Neubau wäre die allerletzte Option.[1]
In einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, in der ein wertschätzender und bedürfnisorientierter Umgang mit Flächen beschrieben wird, skizziert eine Entscheidungspyramide, welche Maßnahmen zur Reduktion des Flächenverbrauchs beitragen. In der Pyramide aufgetragen sind von unten nach oben Maßnahmen entsprechend ihres Ressourcen- und Energieaufwands. Entsprechend wird für die Nutzung von Leerstandsflächen am Fuß der Pyramide am wenigsten und für den Neubau, der an der Spitze steht, am meisten Energie verbraucht. Genügsamkeit bedeutet in diesem Fall, Bestandsgebäude zu nutzen. Die Studie zeigt in diversen Beispielen, welches Potenzial in der Bestandsnutzung liegt: Wenn es durch andere Nutzungen des bestehenden Gebäudebestands gelänge, die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf um nur einen Quadratmeter zu senken, so würden die rechnerisch frei werdenden 80 Mio. Quadratmeter einer Million Wohnungen (à 80 m²) entsprechen. Ebenso liegt ein enormes Potenzial in den 60 % der 16 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland, in denen nur eine oder zwei Personen leben – schon wenn es gelänge, nur 1 Prozent dieses Bestandes pro Jahr zu aktivieren. Vielfach belegt ist inzwischen, dass ein Teil der alleinlebenden Älteren bereit wären, auszuziehen, aus Kostengründen, weil Einsamkeit ein Problem ist oder weil ein Haus mit Garten aufwändig in Pflege und Unterhalt sind. Allein: Es mangelt an guten Alternativen und entsprechenden rechtlichen Absicherungen und Rahmenbedingungen. Zudem fehlt bezahlbarer Wohnraum, in dem eigenständiges und selbstbestimmtes Wohnen in guter Nachbarschaft auch im Alter möglich ist.
Der vermeintliche Zielkonflikt zwischen ökologischen und sozialen Herausforderungen ergibt sich nicht dadurch, dass es keine Lösungen oder Alternativen zu bestehenden Umgangsweisen gäbe. Er entsteht vielmehr dadurch, dass Suffizienz als Nachhaltigkeitsstrategie als politisch heikel und schwer vermittelbar gilt. In den vergangenen Jahrzehnten wurden gesellschaftliche Herausforderungen durch Wachstum und mehr Naturverbrauch gelöst. Das Ziel, 400.000 neue Wohnungen im Jahr zu schaffen, steht paradigmatisch für diese Art der Problemlösung. Vor dem Hintergrund der begrenzten Ressourcenverfügbarkeit wäre es an der Zeit, Herausforderungen anders zu begegnen. Zum Beispiel mit der Frage: Wie viel ist genug?